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(01.09.2025) Der Untertitel "Frei nach Schilderungen des geretteten Schiffsjungen KARL-HEINZ KRAAZ" steckt die Erwartungen ab, die man an das Buch herantragen sollte. Zunächst ist es ein Jugendbuch. Dann ist es schon 1958 erschienen: Die Pamir war gerade mal ein Jahr vorher, am 21.9.1957, gesunken, die Untersuchungen zur Ursache des Untergangs waren Anfang 1958 noch nicht beendet, mehrere andere Bücher kamen wegen des breiten Interesses der Öffentlichkeit noch 1958 heraus - das Buch musste also schnell veröffentlicht werden. Wieweit der Schiffsjunge Karl-Heinz Kraaz seine Geschichte speziell Karl-Heinz Trott erzählt hat oder sich dieser aus öffentlich zugänglichen Quellen bedient hat, muss offenbleiben.
Ich habe mir dieses dünne und alte Büchlein für immerhin 21 Euro (incl. Versand) aus Nostalgie bestellt und gelesen, habe ich es doch Mitte der sechziger Jahre aus der Schulbibliothek des Helmholtz-Gymnasiums Heidelberg ausgeliehen, und dennoch - in Anbetracht der verflossenen Zeit, fast 60 Jahre - überraschend viele Passagen noch präsent gehabt, auch noch Illustrationen des/der Illustrators/in S.Kurtner vor Augen gehabt.
Wie nicht anders zu erwarten wird alles aus der Perspektive des Schiffsjungen geschildert. Ein "allwissender" Erzähler orakelt nur ganz vereinzelt sein "ach wenn ihr wüsstet". Kopfschüttelnd muss man zur Kenntnis nehmen, wie restriktiv auf einem extrem hierarchisch organisierten Schiff mit Informationen umgegangen wurde (und wird?): Die Mannschaft erfuhr nicht explizit, dass das Schiff sich einem Hurrikan näherte, sie erschlossen das aus den Befehlen und Anordnungen. Wie groß die Gefahr war, realisierten die meisten erst, als das Schiff umschlug.
Bei einem dreitägigen Kurzurlaub in Lübeck im Juni 2025 stand ich zwei mal lange in der "Pamirkapelle" der Lübecker Jakobikirche, in der das originale Rettungsboot Nr.2 der Pamir ausgestellt ist, auf dem Günther Haselbach als einziger überlebte. Beeindruckend zwar die Größe, aber wenn das Boot für 20 Personen gedacht war, dann war wenig Platz pro Nase vorgesehen. Das meiste Material in Lübeck stammt von Günther Haselbach, und man muss anerkennen, dass dieser zwanzigjährige Leichtmatrose einen sehr konzisen Bericht über den Ablauf der Katastrophe erstellte.
(10.08.2025) Dies ist das fünfte Buch, welches ich von Frank Goosen gelesen habe - ich habe mich ganz offensichtlich zu einem Fan entwickelt.
Das Buch ist schmal: Meine Ausgabe des Eichborn-Verlags von 2010 umfasst gerade einmal 165 Seiten. Unter den fünf Überschriften "Land und Leute", "Kinderstunde", "Fakten für Verbraucher", Unterhaltung am Wochenende" und "Nachrichten, Wetter, Verkehr" sind in Form von 44 kurzen Anekdoten und Geschicht(ch)en überwiegend Erinnerungen an Familienmitglieder und Wegbegleiter, Lokalitäten und Lebensituationen mit Bezug auf Frank Goosen versammelt. Alles "warm" erzählt: Man merkt, dass Goosen seine Region (das Ruhrgebiet), seine Stadt (Bochum) und die Menschen dort (Verwandte, Freunde, Kollegen, Nachbarn usw) liebt - und dennoch sehr genau beobachtet und sehr genau dem Gesagten und nicht Gesagten zuhört - aus Liebe zur Heimat, nicht aus Mißtrauen. Dieses unter dem Strich "Positive" überträgt sich auf den Leser, und mir hat es immer wieder gut getan, jeden Tag so nebenbei einige dieser im direkten Wortsinn "menschlichen" Geschichten zu lesen.
Natürlich ist im Ruhrgebiet und selbst in Bochum nicht alles Gold was glänzt, und dies mehr oder weniger anzudeuten und zu akzeptieren unterscheidet Goosen von einem naiven Heimatverehrer. Goosen schildert durchaus auch abgründiges - lässt sich und sein inzwischen umfangreiches Werk davon aber glücklicherweise nicht runterziehen.
Von den 44 Geschichten könnte ich keine Favoriten nennen, die meisten haben mir gefallen. Einige nicht, aber die verrate ich nicht...
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