"Rüdiger Nehberg" von H.D. Schütt - Berlin 1994, Elefantenpress, Reihe "Querköpfe".
"Blacksad. Irgendwo zwischen den Schatten", von Juan Díaz Canales (Szenario) und Juanjo Guarnido (Zeichnung und Farben).
Linke Abbildung: Prospero in seinem Zaubermantel - keine Heldenpose... Rechte Abbildung: Im Zentrum der gar nicht so "luftgeistige" Ariel (allerdings ein quicklebendiges Dickerchen), links von ihm im Vordergrund Caliban, dahinter die Hofgesellschaft und Prospero, ganz rechts der größenwahnsinnige Maat Stephano.
05.11.2005
Ende der achtziger bis Mitte der neunziger Jahre habe ich viel Jörg Fauser gelesen: Alle Romane, viele Essays und Kolumnen, einige Gedichte. Seine Themen (Künstlerproblematik; der Einzelne mit und gegen die Gesellschaft; Außenseiter, Süchtige und Trinker), sein Stil (ein scharfer und gleichzeitig schnoddriger Ton, der oft sehr nahe an der Reportage ist, weswegen es nicht verwundert, dass Fauser für so Kultmagazine wie TransAtlantik und Twen schrieb), seine Lebenseinstellung (Unabhängigkeit, Hang zur Anarchie bei gleichzeitig hoher Arbeitsmoral, Ablehnung von Hippies), seine Lektürevorlieben (die von Brinkmann bis zu Céline gehen) - das alles (AUSSER der Trinker und Süchtigen-Chose) hat mich stark angesprochen. Seit einigen Wochen wartet im Buchregal die erste Biographie Fausers auf die Lektüre, zur Einstimmung schien mir die Doppel-CD "Fauser O-Ton" zur sinnvollen Zeitnutzung bei einer Paris-Reise mit dem Zug also sehr geeignet. Der Eindruck ist gespalten. Fast alle Texte werden von Fauser selbst gelesen, das ist ja OK, und immerhin ist es O-Ton. Allerdings ist Fauser eben kein professioneller Sprecher, weswegen alles etwas monoton (fast ermüdend) klingt. Dazu kommt, dass alles (Romanauszüge, Briefzitate, Gedichte, Kolumnen) sehr ähnlich klingt. Stände nicht im CD-Inhaltsverzeichnis dabei, welche Texte ein Gedicht sind und welche eine Kolumne - man könnte sie nicht auseinanderhalten. Das spricht FÜR die Prosatexte, aber GEGEN die Gedichte, die offenbar nur im Druckbild als solche zu erkennen sind: Die Zeilen gehen eben nicht bis zum Ende des Satzspiegels. Das müssen sie natürlich nicht, aber wer heute noch Gedichte schreibt, der steht in einer langen Tradition auch reimloser Gedichte, und sollte sich mit einer eigenen Poetologie hier einen Standpunkt aufbauen und sich gegen Kritik wappnen. Die Auswahl der Texte (gab es eine Auswahl oder sind es einfach alle erhaltenen Lesungen?) leidet darunter, das viel zu viel von Trinkern und Süchtigen die Rede ist, und ich es eben absolut nicht verstehen kann, wenn jemand schon morgens seinen Alkohol meint zu brauchen und ständig gepafft wird. Es sind IMMER noch viele sehr gute Stellen im Text zu finden, sehr viele tolle Bilder ("galizische Krähen" - toll). Aber beim Anhören kann man längliche Saufpassagen eben nicht mit Flottlesen neutralisieren sondern muß der Zeitvorgabe der Lesung folgen - und das fällt manchmal schwer. Schade.
26.10.2005
Erró -- Retrospektive 1958-2004 im Mannheimer Kunstverein. Gerade noch am letzten Tag der Ausstellung geschafft. Erró, 1932 im isländischen Olafsvik (am Fuße des Snaeffels Jökull) als Gudmundur Gudmundsson geboren, ist ein Pop-Art-Künstler, der sich sein Material aus allem holt, was die Welt und vor allem die Medien zu bieten haben. Besonders am Herzen liegen ihm Comics und chinesische Propagandabilder. Da ich ein Faible für Comics habe, wollte ich unbedingt diese Ausstellung sehen. Formal ist alles sehr gekonnt - wie auch anders, liegen dem fertigen Produkt doch viele mechanische Einzelschritte zugrunde: Das gefundene Material wird collagiert, das Ergebnis abfotografiert und auf Leinwand projiziert, und das ganze schließlich mit Pinsel und Öl abgemalt. Da kann ja nicht viel falsch gemacht werden. Inzwischen läßt Erró offenbar das Deckmäntelchen "Ölmalen" ganz weg und fertigt das Endprodukt immer häufiger als digitalen Druck an. Nun ja, Walter Benjamin hätte seine Freude an Erró und hätte ihn in seiner berühmten Arbeit "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" wohl aufgeführt. So richtige Freude kommt nicht auf, zu billig ist manchmal der Witz, zu plakativ die - hüstel, hüstel - "Gesellschaftskritik", respektive der politische Gehalt. Dennoch fand ich einige Arbeiten gelungen und den Besuch der Ausstellung lohnend. Nervig war die junge Dame an der Kasse, die partout nicht erlauben wollte, dass ich Fotos mache.
15.10.2005
"De Lokalpatr(id)iot" mit "Chako" Christian Habekost: Der Zehntkeller Schriesheim war seit zwei Wochen ausverkauft - wie yours truly mit hunderten begeisterten Besuchern nur bestätigen kann zurecht. Mundart-Kabarett vom feinsten, intelligent und witzig zugleich. Erstaunlich, wie es ein Mann mit Mikrofon schafft, von Anfang bis Ende, zwei Stunden lang, etwa 250-300 Zuhörer in den Bann zu schlagen und zu begeistern. Zum Glück war ich weit vorne und konnte auch das gekonnte Mienenspiel geniessen. Selten habe ich in letzter Zeit vor Lachen Tränen in den Augen gehabt. Für Kurpfälzer ein Muss, gleichermassen zur Selbstkritik wie zur Selbstbeweihräucherung. Dass hinter dem eigenen Lachen immer auch ein leichtes Erschrecken zu spüren ist, dass im scheinbaren Witz immer auch eine oft traurige Wahrheit vermittelt wird - das ist eine Erfahrung, die großes Kabarett vermitteln kann. Und Christian Habekost. Ein toller Abend, der im privaten Rahmen mit CDs von "Chako" fortgesetzt wurde.
13.10.2005
Peter Aughton - "Dem Wind ausgeliefert. James Cook und die abenteuerliche Suche nach Australien" ausgelesen. Seereisen, besonders natürlich Entdeckungsreisen, haben mich schon immer fasziniert. Es ist nicht das erste mal, dass ich etwas von oder über James Cook lese, aber "Dem Wind ausgeliefert" befaßt sich speziell mit der ersten Reise von Cook um die Erde. Vordergründig als Expedition zur Beobachtung des Venusdurchgangs 1769 ausgegeben war die heimliche Aufgabe, das Südland, die "Terra Australis" zu finden. Diese Landmasse wurde postuliert, da die großen Landmassen der nördlichen Hemisphäre ja irgendwie im Süden des Pazifiks austariert sein mußten. Ich habe beim Ausleihen des Buches nicht bemerkt, dass es sich um eine Readers Digest Ausgabe handelt, aber letztlich war das Buch mit 300 Seiten ja schließlich dick genug, und die Ausstattung mit den vielen Karten hat mir gefallen. So habe ich die Ausleihe nicht bereut - ein schönes Buch.
Caroline Alexander "Die Endurance. Shackletons legendäre Expedition in die Antarktis." Berlin Verlag, 1998.
"Comic Welten - Das Album", ein Heft, erschienen anläßlich der Museumsausstellung "Comic Welten" 1992 in Wien. Zwölf österreichische Zeichner schildern innerhalb des Mediums Comic die Geschichte und die Inhalte des Mediums. Unterm Strich eine gelungene und interessante Darstellung.
Loisel: Peter Pan, Band 6: "Schicksale"
Bei den 10. Heidelberger Literaturtagen vom 2.-5.6.05 bestand für mich zum erstenmal die Gelegenheit, eine der berühmten Arno-Schmidt-Lesungen des Trios Johannes Kersten, Bernd Rauschenbach und Jan Philipp Reemtsma zu erleben. Der Abend war schlichtweg begeisternd. Die Stimmung im vollbesetzten Spiegelzelt auf dem Heidelberger Universitätsplatz bestand aus einer Mischung aus Konzentration und Begeisterung, und das Publikum reagierte amüsiert auf Passagen, die herauszuhören schon ein ordentliches Maß an Hinhören verlangte, denn oft lasen alle drei Akteure gleichzeitig. Zettels Traum ist in drei Spalten organisiert, wobei der Haupterzählung in der mittleren Spalte eine Spalte mit Assoziationen und Gedanken der Hauptperson Dän Pagenstecher und eine Spalte mit Zitaten Edgar Allan Poes oder anderen zur Haupterzählung passenden Texten beigesellt sind. Es bietet sich natürlich an, dass jedem Vortragenden eine Spalte zugeordnet ist, wobei dem in der Mitte Sitzendem immer die Hauparbeit zufiel. Vernünftigerweise setzten sich die drei immer wieder um, so dass jedem Vorleser jede Spalte einmal zufiel. Dank des herzlichen und begeisterten Beifalls gab es als Zugabe eine Lesung von Jan Philipp Reemtsma solo aus Arno Schmidts Text "Der Triton mit dem Sonnenschirm. (Überlegungen zu einer Lesbarmachung von "Finnegans Wake")". Auch diese Solo-Lesung war begeisternd, besonders amüsant auch wegen der rasend schnellen Aufzählung der Leckereien, die sich Shaun im Laufe des Tages zu Gemüte führt, angefangen von einem "Erst-Frühstück, ein Wohlbekommsuns, aus blutdürstigen Orangen" über (zum Beispiel) einem "unter'm Sattel mürbegerittenes Hausgans-Steak" bis zu "einen Sternhaufen Erbsen als Letztes...".
Die folgende Abbildung zeigt das Innere des Jugendstil-"Spiegelzeltes" während der Pause, mit den umlaufenden Nischen (ähnlich wie in manchen Cafés), in denen sich Heidelberger Verlage oder Buchhandlungen präsentierten, den (kaum zu erkennenden) Spiegeln, und dem leider auch kaum zu erkennenden Holzschmuck. Dass man in einem Zelt ist sieht man nur, wenn man nach oben schaut.
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Die Vorleser: Bernd Rauschenbach, Jan Philipp Reemtsma und Johannes Kersten.