"Familie: Vater stammt aus Arbeitermilieu in Reutlingen, wurde Maler, 1933 Berufsverbot, lebt seit 1945 in Frankfurt, Mutter aus Kleinbürgerfamilie, ihr Vater war Volksschulrektor u. Heimatdichter, schrieb auch einen Roman über Dante, ein sehr lieber Mann, starb schon 1950. Der Vater meines Vaters wurde am vorletzten Kriegstag 1918 wegen Meuterei erschossen. Also Künstlerfamilie, aber alles andere als Bohème. Bin in Frankfurt aufgewachsen u. habe dort das Abitur gemacht, danach nur mal flüchtig in die Uni reingeschnuppert, aber nichts mehr studiert. Schreiben schien mir immer das einzig mir gemäße zu sein.
Las mit 7 und bis 12 Grabbe, Shakespeare, Hamsun u. was sonst auf dem Bücherregal war. Später nur noch Geschichtsbücher und erst ab 16, 17 wieder Literatur.
Lieblingsautoren heute? Flaubert, Hemingway, Malcolm Lowry, Céline, Benn, Joseph Roth u. vor allem Abenteuer-, Reisebücher, Krimis, Triviales. Lese lieber Zeitungen als bürgerl. Literatur. Grundsätzlich Literatur nur, wenn sie eine starke Erfahrung beschreibt, deshalb Affinität zu den Beats, besonders Burroughs u. Kerouac. Ohne die Beats, die ich ab 62 las, wäre ich vielleicht gar kein Schriftst. geworden, sondern Journalist.
Jugenderlebnisse? Keine besonderen. Ab 16 wollte ich jedes Jahr abhauen, aber das will ja jeder.
Politik: ich war von 1966-68 mit Unterbrechungen in Istanbul (Drogen). Las vom Mai 68 u. wollte das auch sehn. Hatte vorher in England Bekanntschaft von Alt-Anarchisten gemacht u. mich mit ihnen gut verstanden. Habe heute noch Sympathien f. organisierten Anarchismus wie in Spanien, fand aber sog. Studentenrevolte lächerlich. War dann 71 noch mal in Frankfurt mit "Linken" (siehe Trotzki, Goethe), aber entgültige Entscheidung für Literatur. Könnte nicht sagen, dass ich politische Anschauungen habe, außer der, daß sämtliche Politiker erschossen gehören.
Ich halte die Zivilisation für eine Errungenschaft, die ich nicht missen möchte. Als Bauer wäre ich unmöglich. Bakunin immer, Nietzsche kenn ich nur Gedichte, Marx sagt mir nichts, Sartre nie gelesen, Frankf. Schule nie gelesen, aber ich glaube, daß ein Großstadt-Schriftsteller immer auf der Seite der Habenichtse zu sein hat u. dennoch immer sagen muß: Das Leben ist hart, und wer es nicht in dieser Konsequenz sieht u. (wie Benn) immer die 'mörderische Stunde' o.ä., der hat in der Literatur nichts verloren.
Frauen? Ich halte die Frau für überschätzt, aber ich könnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Dazu aber das was ich schreibe ...
Bild, Kunst, Musik usw. verstehe ich gar nichts. Avantgarde? Keine Ahnung. Meist Kunstgewerbe, nicht? Die Poesie unserer Zeit? Lieber Herr Soik! KEINE AHNUNG! Ein gutes Fußballspiel oder Box-Match, ein Abend mit einer Rothaarigen, ein Spaziergang an der Seine enthält mehr Poesie als alle Anthologien der letzten 50 Jahre."
"Ich gebe Ihnen der Vollständigkeit halber eine Liste meiner wesentlichen Arbeiten:"
Biographie: geb. 1944, Vater maler, Mutter Schauspielerin, aufgewachsen und bis 1973 in Frankfurt/M. Abitur eines humanistischen Gymnsaiums, abgebrochenes Studium (Ethnologie, Philosophie). Ersatzdienst. Seit Abitur (1965) längere Zeit in London, Istanbul, Berlin. Seit 1974 als freier Schriftsteller in München, 1981-85 als Redakteur und freier Journalist in Berlin, seit 1985 verheiratet und wieder in München.