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Der Ausbruch von RS Ophiuchi 2006

21 Jahre nach der letzten Eruption brach die berühmte rekurrierende Nova RS Ophiuchi am 12.02.2006 endlich wieder aus. Zwei japanische Beobachter, Hiroaki Narumi und Kiyotaka Kanai, meldeten den Ausbruch zuerst[1]. Wolfgang Renz konnte als erster europäischer Beobachter den Ausbruch bestätigen und den europäischen und amerikanischen Beobachtern bekannt machen, denn die japanische Meldung war nicht auf den verbreiteten Amateur-mailing-Listen erschienen und ging somit etwas unter[2].

RS Ophiuchi 2006, RS Oph
Kombination zweier Aufnahmen von Keith Geary (Irland) vom 15.02.2006 und 18.02.2006, also einige Tage nach dem Maximum. Die Helligkeit ist vergleichbar dem Stern mit der Helligkeit 5,44, die Farbe ist deutlich orange. Feldgröße ca 4 x 5 Grad, Norden ist oben.

Die Helligkeit von RS Oph außerhalb der Ausbrüche schwankt um die elfte Größenklasse herum, zuletzt wurde der Stern bei dieser Helligkeit am Morgen des 10. Februar beobachtet[3]. Die japanischen Beobachter scheinen den Ausbruch des 12.02.06 kurz vor dem Maximum erwischt zu haben, denn im Verlauf der 67 Minuten, in denen sich ihre sechs Beobachtungen verteilten, nahm die Helligkeit noch geringfügig zu. Als knapp sieben Stunden später Wolfgang Renz in den frühen Morgenstunden des 13. Februar kurz vor 4 Uhr mit seinen Beobachtungen begann, war RS Oph dagegen schon deutlich schwächer und die Helligkeit nahm vergleichsweise schnell weiter ab. Das Maximum der visuellen Helligkeit mit ca 4,4 mag kann man somit auf den 12.02.2006, ca 21h UT (JD=2453779,375), setzen.

RS Ophiuchi outburst 2006, lightcurve
Abbildung 1) Lichtkurve von RS Oph aus zumeist Tagesmitteln der visuellen Helligkeit (Quelle der Beobachtungen: AAVSO Quick look file und diverse mails)

Wie man in der Lichtkurve sieht, nahm die Helligkeit in der ersten Woche schnell ab und erreichte bald die siebte Größenklasse. Danach verlangsamte sich der Abstieg deutlich. Die Abbildung 2 verdeutlicht diese beiden Phasen: Sofort nach dem Ausbruch ist der Abstieg am steilsten, wird aber von Tag zu Tag geringer. Ab Tag 9 nach dem Ausbruch bleibt die Helligkeitsabnahme bis zum Redaktionsschluß dieses Beitrags konstant bei rund 0,1 mag pro Tag.

RS Ophiuchi, outburst 2006
Abbildung 2) Helligkeitsabnahme von Tag zu Tag: Beginnend mit einem steilen Abfall wird die Helligkeitsabnahme im Beobachtungszeitraum dann allmählich linear (mit ca 0,1mag/Tag).

Visuelle Beschreibungen der Farbe von RS Oph sind rar: Die wenigen Angaben im "Quick look File" der AAVSO schwanken zwischen gelb und rot, wobei ein leichter Trend zum Roten erkennbar ist. Die CCD- und lichtelektrischen Messungen zeigen einen B-V-Index (blau minus gelb), der nahezu unverändert bei etwa 0,8 bleibt. Der V-R-Index (gelb minus rot) hingegen steigt von 0,6 bis auf 2,0 an, der Stern wird also immer röter, wobei der Hauptteil der Rothelligkeit in der intensiven Ha-Emission steckt.

RS Ophiuchi, Animation, RS Oph
Leider erst Mitte April 2006 konnte RS Oph von Stardial beobachtet werden. Wie in dieser Animation zu sehen ist, war die Helligkeit am 12.04.2006 aber dennoch deutlich höher als im Normalzustand (das Vergleichsbild ist von 1999).
Links oben fällt ein noch unbenannter Mira-Veränderlicher auf, NSVS 1751339-062406 alias IRAS 17488-0623.

Oben wurde schon erwähnt, dass der letzte Ausbruch 21 Jahre zurück liegt. Beobachtet wurden bisher Ausbrüche in den Jahren 1898, 1933, 1958, 1967 und 1985[4]. Studiert man diese fünf Ausbrüche, dann fällt der sich immer wieder gleichende Ablauf auf. Anhand von typischen Mustern lange nach dem Maximum könnte man theoretisch weitere Ausbrüche in unbeobachteten Zeiten ermitteln, und tatsächlich ist dies auch schon getan worden. Ein Ausbruch im Jahr 1945 wurde in einer ausführlichen Analyse von 27000 AAVSO-Beobachtungen durch Oppenheimer et al 1993 ermittelt[5]. Und erst unlängst hat B. Schaefer auf neuen Auswertungen von Platten der Harvard-Himmelsüberwachung einen weiteren Ausbruch Anfang 1907 gefunden[6]. Ein Ausbruch in den letzten 21 Jahren ist dagegen nahezu ausgeschlossen, dieser wäre den Beobachtern nicht entgangen. Ob man nun aber von fünf oder von sieben Ausbrüchen ausgeht: Die Zyklenlänge von RS Oph ist deutlich kürzer als die der anderen gut untersuchten rekurrierenden Novae.

Was sind rekurrierende Novae? Wie die klassischen Novae oder auch die Symbiotischen Veränderlichen sind rekurrierende Novae Doppelsternsysteme. Die verschiedenen Arten von eruptiven Sternen unterscheiden sich in der Konfiguration der Doppelstern-Komponenten. Aufgrund der gesammelten Daten für die rekurrierenden Novae lassen sich bereits sehr genaue System-Modelle erstellen, mit denen auch die Abläufe der Ausbrüche beschrieben werden können[7]. Demnach besteht der bekannteste Vertreter RS Oph aus einem Roten Riesen des Spektraltyps M mit starkem Sternwind, einem sehr massereichen Weißen Zwerg von etwa 1,35 bis 1,375 Sonnenmassen (also nahe der Chandrasekhar-Grenze von 1,4 Sonnenmassen) und einer Akkretionsscheibe um den Weißen Zwerg, die vom Sternwind des Roten Riesen erzeugt wird. Die Bahnperiode des 2000 Lichtjahre entfernten Systems beträgt rund 460 Tage. Durch die hohe Masse des Weißen Zwerges wird das Material, das sich knapp über seiner Oberfläche sammelt, derart stark komprimiert und somit aufgeheizt, dass es zu Kernreaktionen kommt. Dieses Szenario wird daher als Thermonuclear-Runaway-Model (= TNR-Modell) bezeichnet. Dabei wird etwa 90 Prozent der aufgesammelten Sternwindmaterie vom Weißen Zwerg weggeschleudert, aber 10 Prozent verbleiben beim Weißen Zwerg und führen zu einem Netto-Massenzuwachs. Auf diese Weise kann der Weiße Zwerg genug Material hinzugewinnen, um die Chandrasekhar-Grenzmasse zu erreichen, und wird dann in einer Supernovaexplosion (SN Ia) zerrissen. Dieses Szenario, welches die rekurrierenden Novae zu Vorläufern von Supernovae macht, hat in den letzten zehn Jahren zu einer reichhaltigen Literatur über diese Systeme geführt.

Anders als zum Beispiel bei CH Cygni[8], gewissermaßen dem Prototypen der Symbiotischen Sterne, haben die Ausbrüche von RS Oph bisher keine sichtbaren Spuren in der Umgebung des Sterns hinterlassen: Weder auf Aufnahmen des Hubble-Teleskops[9], noch auf schmalbandigen, erdgebundenen Aufnahmen[10] haben sich Anzeichen von Nebelstrukturen finden lassen.

Was hat RS Oph für den Beobachter in den nächsten Monaten zu bieten? Hält er sich an das Muster der bisher gut studierten Ausbrüche, dann wird sich seine Helligkeitsabnahme, die Anfang März noch bei 0,1mag/Tag liegt, Ende März auf einen Abstieg von 0,02 mag/Tag verringern. Anfang Mai wird der Helligkeitsabfall wieder etwas steiler (0,05mag/Tag). Etwa 216 Tage nach dem Maximum, also Mitte September, wird ein Minimum bei 12,5mag erreicht (so schwach wird RS Oph fast nur nach Ausbrüchen). Danach folgt bis Anfang Februar 2008(!) eine sehr allmähliche Helligkeitszunahme bis etwa 10,3mag, und allmählich pendelt sich die Helligkeit wieder knapp unter der elften Größenklasse ein.

Ob RS Oph sich aber an solche Regeln hält, das können nur Beobachtungen zeigen.

 

Literatur:

[1] vsnet-alert 8859: http://ooruri.kusastro.kyoto-u.ac.jp/pipermail/vsnet-alert/2006-February/000481.html, hier noch mit falscher Uhrzeit, korrigiert in: vsnet-alert 8860: http://ooruri.kusastro.kyoto-u.ac.jp/pipermail/vsnet-alert/2006-February/000482.html
[2] vsnet-alert 8861: http://ooruri.kusastro.kyoto-u.ac.jp/pipermail/vsnet-alert/2006-February/000483.html
[3] AAVSO Quick look file, http://www.aavso.org/cgi-bin/quickquick.pl?star=rs%20oph
[4] AAVSO Variable Star of the Month: RS Ophiuchi: http://www.aavso.org/vstar/vsots/0500.shtml
[5] Oppenheimer, B.D., Mattei, J.A., Analysis of long-term AAVSO-observations of RS Ophiuchi, J. Am. Assoc. Variable star obs., 22, 105-109 (1993)
[6] Schaefer, B. E., RS Ophiuchi, IAUC 8396 (30.08.2004)
[7] Hachisu, I., Kato, M., Recurrent Novae as a progenitor system of type Ia supernovae. I. RS Ophiuchi subclass: systems with a red giant companion, Ap. J, 558, 323-350 (2001)
[8] Hassforther, Béla, Veränderlicher aktuell: CH Cygni, interstellarum 34, 22 (2004)
[9] Brocksopp, C. et al., HST/WFPC2 snapshot imaging of symbiotic stars, Mon. Not. R. Astron. Soc., 344, 1264-1270 (2003)
[10] Corradi, R.L.M. et al., A narrowband imaging survey of symbiotic stars, Astron. Astrophys., 343, 841-846 (1999)

 

Katalogdaten:

Position (2000): 17h 50m 13.2s Dec. -06 42' 28.5"
Helligkeit: 4,4 - 12,5
Typ: rekurrierende Nova


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Autor: Béla Hassforther. Letzte Änderung: 21.09.2006
Adresse dieser Seite: http://www.bela1996.de/astronomy/oph-rs.html