Aus der Sektion "Halb- und Unregelmäßige", 1-2001

Neues von den alten Programmsternen

Z UMa: Im BAV Rundbrief 2/1999 habe ich die Z UMa-Langzeitbeobachtungen von Herrn Krisch vorgestellt. Herr Krisch hat die Beobachtungen fortgesetzt und von 1993 bis Ende Dezember 2000 die beeindruckende Anzahl von 781 Schätzungen an diesem Stern gewonnen.

Die Lichtkurve des Gesamtzeitraums (Abb. 1) zeigt deutliche Langzeitveränderungen: zunächst nimmt die Amplitude bis etwa JD 2450500 ab, während gleichzeitig die Lichtkurvenform sich von einem fast RV-Tau-artigen Wechsel von Hauptminimum, Hauptmaximum, Nebenminimum und Nebenmaximum (Abb. 2, A) durch die abnehmende Höhe des ersten Maximums zu einer langen Schwingung ändert, bei der nur noch ein langgestrecktes Maximum und die Hauptminima übrigbleiben (B). Anschließend vergrößert sich die Amplitude wieder und die Haupt- und Nebenminima sind wieder ausgeprägt (C). Die wechselnde Amplitude wird praktisch nur durch die verschiedene Tiefe der Minima gesteuert, die Höhe der Maxima ändert sich dagegen nur wenig. Eventuell deutet sich am Ende des Beobachtungszeitraums ab etwa JD 2451800 wieder eine Amplitudenabnahme an.

Lichtkurve von Z UMa

Abb. 1) Z UMa nach Beobachtungen von Günter Krisch, Gesamtzeitraum

Lichtkurvenformen von Z UMa

Abb 2) Die wechselnden Lichtkurvenformen von Z UMa (Beobachter: Günter Krisch)

Zuguterletzt noch die aktuellen Beobachtungen bis Ende Dezember 2000. Es scheint, als ob die Minima allmählich nicht mehr ganz so tief werden.

Aktuelle Lichtkurve von Z UMa

Abb. 3) Z UMa aktuell (Günter Krisch)

Z UMa ist auch insofern ein typischer Halbregelmäßiger, als er Multiperiodizität zeigt (Kiss et al, A&A 346[1999], 542), und zwar mit der primären Periode von 195 Tagen und der sekundären Periode von 100 Tagen. Amateurbeobachtungen aus 85 Jahren dienten als Grundlage für deren Bestimmung.

W Cyg wurde zuletzt im BAV Rundbrief 2(1998) vorgestellt. Zu dieser Zeit änderte sich der seit etwa 1989 vorherrschende fast regelmäßige Lichtwechsel mit 131 Tagen Periode hin zu einem unruhigeren Lichtwechsel mit allmählich abnehmender Amplitude. Dabei gab es mehrfach einen Wechsel von hellen und schwachen Maxima. Im Herbst 1997 änderte sich der Lichtwechsel wiederum: bei einer Amplitude von etwa einer halben Größenklasse traten Zyklenlängen bis zu 300 Tagen Länge auf. Letztes Jahr war der nächste Wechsel fällig (vgl. Abb. 2), nun scheinen die kürzeren Perioden zurückzukehren. Ob das tatsächlich so ist, müssen die weiteren Beobachtungen zeigen.

Für W Cyg nun zunächst eine Gemeinschaftslichtkurve, erstellt mit Hilfe der AFOEV-Datenbank, anschließend aktuelle Beobachtungen von Frank Vohla.

Lichtkurve von W Cyg - AFOEV-Daten

Abb. 4) W Cyg 1994 - 2000 (10-Tages-Mittel, AFOEV-Datenbank)

Lichtkurve von W Cyg (Vohla)

Abb. 5) W Cyg 1998 - 2000 (Beobachter: Frank Vohla)

W Cyg wird in der letzten Zeit weniger beobachtet als noch vor einigen Jahren. Deshalb hier die Bitte, diesen Stern nicht zu vernachlässigen.

Projekt RV-Tauri-Sterne

Inzwischen sind zwei Jahre vergangen, seit ich das RV-Tau-Projekt vorgeschlagen habe, genug Zeit also, um auch solche Sterne vorzustellen, die seitdem zum erstenmal überhaupt beobachtet wurden.

DZ Uma wird auch in der aktuellsten elektronischen Version des GCVS vom 15.01.2001 als unsicherer RV-Tau-Stern geführt, seit der alten gedruckten Version gab es also keine neuen Erkenntnisse. Eine Recherche mit SIMBAD liefert ein "überschaubares" Ergebnis: nur zwei Literaturangaben existieren. Zum einen die Entdeckungsanzeige von V.P. Goranskij [Astron. Tsirk., 1407, 7-8 (1985)], sodann die 68th NAME-LIST OF VARIABLE STARS in IBVS 3058 (1987), in der 663 Sterne ihre endgültige Bezeichnung erhalten haben, unter ihnen DZ UMa. Ausser einer ungenauen Position (immerhin aber einer Kartenskizze), dem fotografischem Helligkeitsbereich und einer winzigen Lichtkurve hat die Entdeckungsmeldung wenig zu bieten. Die verschieden hohen Maxima und Minima dienen etwas vorschnell der Klassifikation als RV-Tau-Stern, die überlagerte Periode in ebendieser flotten Manier der Eingruppierung in die RVb-Unterart.

Dietmar Bannuscher und Markus Schabacher haben sich bereit erklärt, diesen Stern in ihr Beobachtungsprogramm aufzunehmen. Was haben sie herausgefunden? Zunächst: der Stern ist überraschend hell. Das ist damit zu erklären, dass Goranskij Fotoplatten ausgewertet hat, die nur im Blauen empfindlich sind, dieser Stern aber sehr rot ist (er hat sogar einen Eintrag im IRAS-Katalog: 11157+5257.

Der Lichtwechsel lässt sich nicht ganz leicht beurteilen, das typische eines RV-Tau-Sterns scheint jedenfalls im Beobachtungszeitraum zu fehlen. Mit etwas Phantasie läßt sich eine Periode von vielleicht 140 Tagen erahnen. Es wäre etwas einfacher, wenn mehr Beobachtungen verfügbar wären (dies als dezenter Hinweis an die beiden Beobachter). Vielleicht kann sich ja noch jemand für diesen Stern erwärmen.

Hier die Lichtkurven von Dietmar Bannuscher und Markus Schabacher erst getrennt, dann als Gemeinschaftslichtkurve.

Lichtkurven von DZ UMa

Abb. 6) DZ UMa nach Beobachtungen von Dietmar Bannuscher und Markus Schabacher

R Sagittae
R Sge gehört zu der kleinen Gruppe von gut beobachteten RV-Tau-Sternen in der BAV. Im neuen GCVS und den zugehörigen Remarks finden sich folgende Angaben: R Sge ist ein Stern der Unterart RVb, im visuellen beträgt der Helligkeitsbereich 8,0 bis 10,4 bei einer Periode von 70,77 Tagen und einer RVb-Periode von 1112 Tagen. Die Periode kann zwischen 70,07 und 71,24 Tagen schwanken. Der Spektraltyp ändert sich im Verlauf einer Periode von G0Ib zu G8Ib. Wie DZ UMa ist auch R Sge eine IRAS-Quelle (20117+1634).

Seit 1986 liegen BAV-Ergebnisse vor, etwa die Hälfte davon von Eckhard Born (der mir netterweise auf Anfrage auch schon seine Ergebnisse von 2000 zugesandt hat). In meinen vierteljährlichen Kurzberichten über die BAV-Programmsterne läßt sich das reichlich vorhandene Material bei weitem nicht angemessen vorstellen, ich möchte hier also neben den Lichtkurven nur auf einige wenige Besonderheiten hinweisen.

R Sge und das RVb-Phänomen: bekanntlich werden die RV-Tau-Sterne aufgrund ihrer Lichtkurve in die RVa- und RVb-Sterne unterteilt. Die RVb-Sterne zeichnen sich dadurch aus, dass ihre durchschnittliche Helligkeit sich mit einer Periode von etwa zwei bis sieben Jahren verändert. Von den bisher vorgestellten RV-Tau-Sternen gehörten nur U Mon und TW Cam zu dieser Gruppe, nach R Sge gibt es nur noch vom Namensgeber RV Tau (der auch ein RVb-Typ ist) genug Material innerhalb der BAV. Was schon bei U Mon erwähnt wurde und im letzten Rundbrief bei der Vorstellung von TW Cam auch betont wurde: hat man saubere Beobachtungsreihen vor sich, erkennt man leicht, dass sich bei den vorgestellten Sternen die Tiefe der RVb-Minima ganz langsam verändert: bei U Mon nimmt die Länge als auch die Tiefe der Minima ab, bei TW Cam bleibt die Länge der Minima gleich, aber auch hier werden die Minima flacher, und bei R Sge (fast möchte man aufatmen) werden die Minima anscheinend deutlicher. Das läßt sich allerdings nur aus Lichtkurven aus internationalen Datenbanken erkennen: das BAV-Material enthält als längsten homogenen Datenset die Reihe von Eckhard Born, und die beginnt erst 1994. Aber nun zunächst die Lichtkurve, bestehend aus 651 Schätzungen von 1994 bis 2000, also aus sieben Jahren:

Lichtkurve von R Sge (Born)

Abb. 7) R Sge 1994 bis 2000 (Beobachter: Eckhard Born)

Der kurzperiodische Lichtwechsel von R Sge ist hier zu einem Band komprimiert, aber der langperiodische Lichtwechsel tritt sehr gut hervor. Im Unterschied zu U Mon aber vergleichbar zu TW Cam sind die Minima nicht kurz und wie Einbrüche in einem konstanten Normallicht, sondern der Lichtwechsel ist quasi kontinuierlich: ein Normallicht, bei dem der Stern einige Zeit verharrt, gibt es nicht. Wenn in einem zukünftigen Rundbrief die Bearbeitung von RV Tau vorgestellt wird, ist es sicher interessant, die vier RVb-Lichtkurven untereinander darzustellen. Der Zeitraum von sieben Jahren ist zu kurz, um die RVb-Periode zu bestimmen, aber der im GCVS angegebene Wert von rund 1100 Tagen erscheint realistisch.

R Sge und die Phasenwechsel: in der Veränderlichenliteratur (z.B. Hoffmeister / Richter / Wenzel "Veränderliche Sterne", Leipzig 1990, S.73) wird bei RV-Tauri-Sternen immer wieder erwähnt, dass sich die Haupt- und Nebenminima von Zeit zu Zeit vertauschen können. Beim ganzen Material, welches mir bisher vorlag, kam das bisher nur einmal (bei U Mon) vor, beim Versuch, die Elemente von R Sge zu bestimmen, fiel aber sofort auf, dass keine durchgehende Epochenzählung bei den Hauptminima möglich war: auch R Sge hat also einen Phasenwechsel durchgeführt (Abb. 8).

R Sge - Phasenwechsel Abb. 8) Phasenwechsel bei R Sge (Beobachter: Eckhard Born)

Rechnet man mit der im BAV-Material von 1986 bis 1996 dominierenden Periode von ca 70 Tagen ab dem letzten beobachteten Hauptminimum bei 2450341 weiter, wäre das erste zu beobachtende Hauptminimum der Saison 1997 bei 2450621 gelegen - statt dessen zeigt R Sge hier aber ein Nebenminimum, und das Hauptminimum liegt eine halbe Periode davor bei etwa 2450583. Bis Ende 2000 ist R Sge bei dieser Lage seiner Hauptminima geblieben bei einer gut eingehaltenen Periode von fast genau 71 Tagen. Den Phasenwechsel könnte das Minimum bei 2450376 markieren, welches schon deutlich tiefer ausfällt als die Nebenminima zuvor.

R Sge und seine Beobachter: 1999 ist R Sge von mehreren Beobachtern parallel beobachtet worden - eine schöne Gelegenheit für einen Lichtkurvenvergleich (Abb. 9):

Lichtkurvenvergleich R Sge

Abb. 9) R Sge nach Beobachtungen von E.Born, A.Holbe, G.Krisch und J.Neumann

In den Abschnitten, für die Werte vorhanden sind, zeigen diese Lichtkurven eine gute Übereinstimmung. Es wird aber deutlich, dass man so rasch veränderliche Sterne wie die RV-Tauris bei jeder sich bietenden Gelegenheit schätzen sollte.

LX And (angeblicher RVb-Stern): Im IBVS 4831(2000) von M.Uemura, T.Kato and M.Watanabe als Zwergnova erkannt; inzwischen mehrfach unabhängig bestätigt.

HQ Mon (angeblicher RV-Stern): Inzwischen ebenfalls als Kataklysmischer Veränderlicher enttarnt (berichtet von Taichi Kato in vsnet-chat 3952 vom 7.1.2001).

Aktuelles und Sonstiges:

Rho Cas: Das im letzten Rundbrief beschriebene Minimum geht zuende. Eine neue Lichtkurve folgt.

Anfrage von Jörg Neumann: Michael Dahm hat im BAV Rundbrief 1/2000 auf "mögliche einjährige Scheinperioden bei Halbregelmäßigen Veränderlichen" hingewiesen. Jörg Neumann hat mehrere Sterne aus Dahms Kandidatenliste in seinem Beobachtungsprogramm (UX And, RW Cep, V1059 Cyg, DX Ser und VX CVn) und sucht Kontakt zu Beobachtern, die diese SR-Sterne (vor allem VX CVn) ebenfalls beobachten. Adresse: J.N., Eisenbahnstr. 121-123, 04315 Leipzig.


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Gestaltet von Béla Hassforther. Letzte Änderung: 06.12.2001
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