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V536 Monocerotis - eine mühsame Klärung

Abstract: Stardial-, Sonneberg-, ASAS3- and visual observations reveals V536 Mon as an eclipsing variable with a period of 6,134 d and secondary minima at phase 0.4.

Bedeckungsveränderliche mit asymmetrisch gelegenen Nebenminima können für einen Bearbeiter zur Herausforderung werden. Es sei nochmal an den im BAV Rundbrief 3/2003 kurz vorgestellten NN Del erinnert, dessen Bearbeiter 700 Beobachtungsstunden in 200 Beobachtungsnächten und anschließend 300 Stunden Reduktion und Analyse in die Klärung des Falls investierten. Nun ist NN Del ein extremer Fall, da die Periode sehr lang ist (fast 100 Tage), die Minima aber im Verhältnis zur Periode nur kurz sind. Im nun vorgestellten Fall V536 Mon war recht bald klar, dass die Periode kürzer sein musste und die Minima einen größeren Prozentsatz der Periode in Anspruch nehmen, denn etwa jede dreissigste Schätzung zeigte eine Schwächung. Aber der Weg bis zur Lösung war sehr, sehr lang.

Meine Beschäftigung mit V536 Mon begann, nachdem ich aus dem GCVS eine Reihe von langperiodischen Bedeckungsveränderlichen extrahierte, die zu meinen Beobachtungsbedingungen und Beobachtungsgewohnheiten passten. Ziel dieses kleinen Beobachtungsprogramms ist, die Lichtkurve der Programmsterne komplett durchzubeobachten und die Angaben des GCVS zu kontrollieren: Gerade im Bereich der langperiodischen Bedeckungsveränderlichen finden sich zum einen noch ungeklärte Fälle, zum anderen können sich aber auch "geklärte" Fälle finden, die sich im Nachhinein als falsch interpretiert herausstellen können. Einige meiner Programmsterne sind in den letzten Jahren hier schon vorgestellt worden, z.B. BM Eri, der sich als Halbregelmäßiger Veränderlicher entpuppte, oder V1376 Aql, der sich als konstant herausstellte.

V536 Mon klang sofort nach einem interessanten Fall. Im GCVS ist nur eine Periode angegeben (31,035 Tage), aber keine Epoche. Das kann als Hinweis genommen werden, dass auch die Periode nur unsicher bekannt ist und auch gänzlich anders aussehen kann. Eine erste Literaturrecherche erbrachte wenig Material, der Stern ist vernachlässigt, obwohl er hell ist, nämlich im Normallicht 9,4mag visuell. Die Entdeckungsmeldung von Wachmann [1] listet 13 Schwächungen aus einer Serie von 279 Beobachtungen, mit dem Fazit: "Es gelang nicht, eine alle Beobachtungen erfüllende Periode abzuleiten".

Mein erster Bearbeitungsversuch erfolgte Anfang 2000 anhand von Stardial-Aufnahmen der Jahre 1996 bis 2000. Da V536 Mon in der Überlappungszone zweier Felder liegt, konnten rund 400 Aufnahmen verarbeitet werden, mit meinem damaligen etwas flachbrüstigen PC eine zeitraubende Sache. An fünf Tagen war der Stern deutlich schwächer, und die Sache sah nach einem Kinderspiel aus. Die kleinste Differenz zwischen aufeinanderfolgednen Minima betrug 20,94 Tage, und ich stellte mir das als kleine Rest-Rechenübung vor, den kleinsten gemeinsamen Nenner für die vorhandenen Differenzen zu finden. Leider zu naiv gedacht, wie ich nach einigen Stunden zugeben musste.

Der Versuch, mit einem Periodensuchprogramm weiterzukommen, war ähnlich erfolglos. Jede mögliche Periode wurde durch irgendwelche Werte widerlegt, die den Stern im Normallicht zeigten. Zeitaufwendig war diese Probiererei insofern, als mein damaliges Periodensuchprogramm noch ein schlichtes BASIC-Progamm war, dessen Ausgabe erst neu formatiert werden musste, um dann in einer Tabellenkalkulation weiteranalysiert werden zu können. Es ist ja nicht so, dass ich schnell aufgebe: in den folgenden Wochen, Monaten, Jahren nahm ich mir immer mal wieder die Liste mit den Schwächungen vor und knobelte daran herum, schrieb einmal auch ein Programm, welches die denkbaren Perioden durchpermutierte, nur um immer irgendwelche Widersprüche zu finden. Das Fazit von Wachmann musste ich schließlich auch für meine Beschäftigung mit dem Stern ziehen: "Es gelang nicht, eine alle Beobachtungen erfüllende Periode abzuleiten".

Noch im März 2000 begann ich, den Stern visuell zu beobachten, und zwar mindestens einmal pro Beobachtungsnacht. Bis 2003 sind nun über 120 Beobachtungen zusammengekommen, aber nur einmal erwischte ich den Stern im Anstieg, und zwar am 13.12.2001. Eine magere Ausbeute. Im März 2001 war ich für einige Tage in Sonneberg und schätzte den Stern auf Platten der "Sonneberger Himmelsüberwachung". Das Feld ist sehr häufig abgebildet, aber ich begnügte mich zunächst mit der Bearbeitung von 118 Platten, wozu man immerhin auch mindestens einen halben Tag braucht. Aber ich wollte ja noch andere Sterne bearbeiten. Auf diesen 118 Platten fanden sich acht mehr oder weniger sichere Schwächungen, die mir aber bei der Knobelei auch nicht viel weiterhalfen.

Nur weiteres Material (visuell, Stardial, Sonneberg, andere) konnte also die Lösung bringen.

Vor einigen Wochen machte ich wieder einen ernsthaften Versuch. Immerhin waren viele neue Stardial-Aufnahmen hinzugekommen, ich hatte eine gut angewachsene Reihe von visuellen Beobachtungen, das CCD-Himmelsüberwachungsprogramm ASAS3 war in eine konsolidierte Phase getreten, war seit zwei Jahren operativ und hatte ein Web-Interface zum Abfragen der Helligkeiten, und über einhundert gut kalibrierte Messungen in V standen zur Verfügung. Und ich war dazu übergangen, statt der umständlichen Kombination von BASIC, Editor und Tabellenkalkulation das ausgezeichnete Programm AVE (Análisis de Variabilidad Estelar) [2] des Spaniers Rafael Barberá zu nutzen, welches den ganzen Ablauf der Periodenbestimmung und der Phasendarstellung innerhalb von Sekunden ermöglicht.

Was soll man sagen? In Minuten hatte ich nach der Eingabe eines Versuchswertes praktisch die Lösung in der Hand. Zwei ASAS3-Messungen im Abstand von etwas über sechs Tagen zeigten eine klare Schwächung, in AVE suchte ich nach Perioden zwischen 5 und 7 Tagen und fand eine klare Spitze bei 6,134 Tagen, liess AVE damit eine Phasendarstellung machen (das geschieht durch zwei Mausclicks), und voilá: Eine klare Sache. Die Abbildung 1) zeigt in einer etwas fortgeschritteneren Variante das Ergebnis anhand der ASAS3-Werte:

V536 Mon, Lichtkurve aus 151 ASAS3-Werten
Abbildung 1) V536 Mon, reduzierte Lichtkurve aus 151 ASAS3-Messungen, P=6,134d

V536 Mon, Ausschnitte um Haupt- und Nebenminimum
Abbildung 2) vgl. Abbildung 1; Ausschnitte um Haupt- und Nebenminimum

Ein klarer Fall also: Das Hauptminimum ist zwar dünn besetzt, es gibt aber keine widersprüchlichen Messungen (also kein Wert um die Phase 0 im Normallicht), und das Nebenminimum liegt bei Phase 0,4 - und ist damit die Wurzel allen Übels, sprich der langwierigen Klärung des Falls.

Die Stardial-Messungen streuen erheblich, eigentlich ist der Stern zu schwach für eine solche Auswertung. Trotzdem ergibt die reduzierte Lichtkurve das gleiche Bild: Ein deutliches Hauptminimum und ein klares Nebenminimum bei Phase 0,4. Die folgende Abbildung 3) ist aus 568 Stardial-Werten gebildet, wobei alle (auch die alten Werte) neu und einheitlich ermittelt wurden. Die Werte sind noch als vorläufig zu bezeichnen, da ich vorerst nur mit einem Vergleichssten gearbeitet habe. Eine endgültige Version folgt am Ende dieser Beobachtungssaison.

V536 Mon, Lichtkurve aus 568 Stardial-Werten
Abbildung 3) V536 Mon, reduzierte Lichtkurve aus 568 Stardial-Werten, P=6,134d

Meine visuellen Beobachtungen streuen noch mehr als die Stardial Werte, auch ist noch kein Hauptminimum erwischt worden, dennoch ein Zwischenstand mit dem bisherigen Material (Abbildung 4):

V536 Mon, Lichtkurve aus 112 eigenen Beobachtungen
Abbildung 4) V536 Mon, reduzierte Lichtkurve aus 112 visuellen Schätzungen (Hassforther)

Nun ist deutlich, dass ich am 13.12.2003 nur ein Nebenminimum erwischt habe. Und nur ein einsamer Punkt deutet bisher das Hauptminimum an.

Dieser Beitrag soll nicht die abschliessende Klärung des Veränderlichen darstellen. Zunächst müssen die Vorhersagen (sprich: die vorläufigen Elemente) getestet werden. Dazu möchte ich die interessierten Bedeckungsveränderlichenfreunde der BAV nun einladen. V536 Mon lässt sich bis in den März hinein beobachten, auch bei einem schlechten Winter sollte sich mindestens ein Minimum bewusst (!) beobachten lassen. In einer Fortsetzung des Beitrags sollen dann die Elemente anhand aller verfügbaren Schwächungen (Wachmann, Sonneberg, Stardial, ASAS3, Hr. Busch usw) ermittelt werden. Hier also die vorläufigen Elemente:

Hauptminimum:  2452739.538 + 6.133668 d x E
Nebenminimum:  2452742.041 + 6.133668 d x E

 

Anmerkungen:

[1] Wachmann, A. A., 1966, Astron. Abh. Hamburg. Sternw., 7, 379
[2] http://www.astrogea.org/soft/ave/aveint.htm

 


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Autor: Béla Hassforther. Letzte Änderung: 23.11.2003
Adresse dieser Seite: http://www.bela1996.de/astronomy/mon-v536.html