Home, what's new, Kunst, Pforr-Material, Literatur, Musik, Astronomie

R Mon in NGC 2261 (Hubbles Veränderlicher Nebel)

Für Deep-Sky-Beobachter gehört Hubbles Veränderlicher Nebel (NGC 2261) zu den bekannten Schaustücken, auch wenn er erst fotografisch seine ganze Pracht zeigt [1]. In Serienaufnahmen über einige Wochen oder Monate hinweg ist sogar mit kleinem Aufnahmeinstrumentarium zu verfolgen, dass er zu Recht die Bezeichnung "Veränderlicher Nebel" trägt [2]. Carl Otto Lampland, der mit Abstand zäheste Beobachter von NGC 2261 (er hat als Mitarbeiter des Lowell-Observatoriums zwischen 1916 und 1951 940 Aufnahmen des Nebels gewonnen), stellte aber schon 1926 in einer vorläufigen Analyse fest, dass den scheinbaren Veränderungen des Nebels keinerlei räumliche Veränderungen entsprechen, sie stattdessen nur durch unterschiedliche Beleuchtungen und Schattenwurf zustande kommen [3]. Dieses Faktum blieb dem Namensgeber des Nebels, Edwin P. Hubble, in seinen beiden grundlegenden Arbeiten von 1916 und 1917 noch verborgen; er vermutete tatsächliche Bewegungen von Nebelmassen [4, 5].

NGC 2261, Subaru-Aufnahme NGC 2261, tiefe Aufnahme
Abb. 1)  NGC 2261, Subaru-Observatorium
Abb. 2)  NGC 2261, tiefe Aufnahme von D.F. Malin

Heute weiß man, dass es sich bei NGC 2261 um ein sehr junges Objekt handelt, bei dem der Hauptstern sowohl einen schnellen Jet, als auch einen langsamen, molekularen Ausfluss zeigt. Das Wechselspiel dieses sehr jungen und aktiven Sterns und seines eigenen Materieausstosses mit der gas- und staubreichen Umgebung, aus der er sich gebildet hat, verbunden mit ständigen Beleuchtungsänderungen aufgrund einer um die zentrale Masse kreisenden Materiescheibe, die unterschiedlich dicht und klumpig ist, also unterschiedlich viel Licht durchlässt und auch Schatten an weiter entfernte Nebelteile wirft - das macht die Komplexität des Systems und seines Lichtwechsels aus [6]. Die meisten dieser Phänomene lassen an den jungen Veränderlichen T Tauri erinnern, der bereits in Interstellarum 48 vorgestellt wurde [7]. Wie dieses System ist auch NGC 2261 räumlich erheblich weiter ausgedehnt, als es zunächst scheint: Die etwa 7,5' nördlich stehenden Herbig-Haro-Objekte HH 39, die in der Abbildung 2 rot markiert sind, gehören noch zum System [8].

Am südlichen Scheitelpunkt von NGC 2261 befindet sich R Mon. Seine Veränderlichkeit wurde vergleichsweise früh entdeckt, schon 1861 von Julius Schmidt in Athen [9]. Von Schmidt, Winnecke und Schönfeld gibt es aus dem Zeitraum danach (zwischen 1861 and 1875) einige hundert visuelle Schätzungen, die aber offenbar noch nicht ausgewertet wurden. Seit 1904 gehört der Stern zum Beobachtungsprogramm der AAVSO, aber schaut man sich die damit erstellten Lichtkurven an, ist das eher ernüchternd: Zu den größten Herausforderungen für visuelle Veränderlichenbeobachter gehört es, Sterne innerhalb von Nebeln zu schätzen (die Veränderlichen im Orion-Nebel sind ein schönes Beispiel dafür), und so verwundert es nicht, dass die Streuung der Beobachtungen ein Ausmass erreicht, welches Auswerter abschreckt.

Edwin Hubble Carl Otto Lampland Joseph Ashbrook Grzegorz Pojmanski
Edwin Powell Hubble
1889 - 1953
Carl Otto Lampland
1873 - 1951
Joseph Ashbrook
1918 - 1980
Grzegorz Pojmanski
1959 -     
Abb. 3) Wichtige Persönlichkeiten in der Erforschung des Lichtwechsels von R Mon

Wie bei den Orion-Veränderlichen liegt die Lösung in der Beachtung homogener Beobachtungsbedingungen: Gleiches Instrument, gleiche Detektoren, gleiche Belichtungszeit, und so weiter. Da es keine langjährigen Beobachtungsreihen visueller Beobachter in gleichbleibender Qualität gibt, bleibt für ein Studium des Lichtwechsels von R Mon nur übrig, Plattenarchive zu verwenden. Und hier liegt es natürlich nahe, Lamplands langjährige Aufnahmeserie auszuwerten. In einem Aufsatz von 1918 hat Lampland die Qualitätskritertien geschildert, die er seiner Aufnahmeserie von Beginn an zugrunde legte: "It goes without saying, that for photographs of this kind made for intercomparisons great care must be taken with the exposure and development, in addition to the requirement of good definition, so that the negatives shall be of the same intensity for objects in the field that remain constant in brightness."[10] Die Belichtungszeiten wurden oft knapp gehalten (2 Minuten), um eine Überbelichtung der helleren Nebelstellen zu vermeiden, oder Lampland wählte 20 Minuten, um mehr Details zu erfassen - ideale Voraussetzungen jedenfalls, um R Mon auf diesen Platten zu schätzen.

Die Fleißarbeit, R Mon auf den Platten des Lowell-Observatoriums zu schätzen, hat Ende der Vierziger Jahre Joseph Ashbrook (ein späterer Sky & Telescope Herausgeber) zusammen mit Carl Otto Lampland unternommen [11]. Um das auszuwertende Material möglichst homogen zu halten, wurden nur die Platten ausgewählt, die zwanzig Minuten belichtet worden waren, immerhin 494 Aufnahmen. Nicht ganz nachzuvollziehen ist, dass die Werte zunächst zu 10-Tages-Mitteln zusammengefasst wurden, was 237 Wertepaare ergab - es wäre für heutige Untersuchungen besser gewesen, das vollständige Material zur Verfügung zu haben. Diese 237 Wertepaare wurden für die vorliegende Arbeit digitalisiert und sind Basis der Lichtkurvenbeispiele. Die Ergebnisse von Ashbrook und Lampland sind in der Literatur zu R Mon bis heute grundlegend für die Beschreibung seines Lichtwechsels.

Grundsätzlich verhält sich R Mon laut ihrer Analyse recht irregulär. Dennoch konnten sie zwei oder sogar drei Komponenten der Veränderlichkeit bestimmen:
  • Regellose Änderungen auf einer Zeitskala von einigen Wochen mit einer Amplitude von einigen Zehnteln einer Größenklasse.
  • Größere Schwankungen bis zu einer Amplitude von einer Größenklasse auf einer Zeitskala von etwa einem Jahr.
  • Eine Veränderlichkeit der mittleren Helligkeit über sehr lange Zeiträume könnte man als dritte Komponente des Lichtwechsels bezeichnen.

Lichtkurve von R Mon, Gesamtzeitraum
Abb. 4) Lichtkurve von R Mon im untersuchten Gesamtzeitraum (1916 bis 1948)

Eine neuere Inspektion der Gesamtlichtkurve (Abb. 4) ergänzt zwei weitere Sachverhalte:
  • In den ersten zehn Jahren des Beobachtungszeitraums wurden erheblich mehr Platten aufgenommen als danach. Der Lichtwechsel läßt sich in diesem Abschnitt daher deutlich besser beurteilen.
  • Auf den ersten Blick ist eine Komponente des Lichtwechsels zu erkennen, die Lampland und Ashbrook nicht erwähnen, und zwar eine langezogene Welle mit einer typischen Periode von drei bis vier Jahren: Ganz deutlich am Anfang des Zeitraums, weniger deutlich unmittelbar darauffolgend, aufgrund der dünner gesäten Beobachtungen in späteren Jahren nur unsicher nochmal Anfang der Vierziger Jahre.

Lichtkurve von R Mon, Ausschnitt
Abb. 5) R Mon, Lichtkurvenabschnitt

In Lichtkurvenabschnitt der Abbildung 5), den auch Lampland und Ashbrook in ihrer Veröffentlichung als Illustration gewählt haben, kann mit einiger Mühe die Komponente des Lichtwechsels erahnt werden, deren Zeitskala ungefähr ein Jahr beträgt. Auch hier ist die langgezogene Schwingung mit einer Periode von drei bis vier Jahren zu erkennen.

Aktuelle Lichtkurve von R Mon
Abb. 6) R Mon, aktuelle Lichtkurve mit V-Werten der AAVSO

Was macht R Mon heute? Der einfachste Weg, das aktuelle Verhalten eines Veränderlichen zu begutachten, führt über den Lichtkurven-Generator der AAVSO [12]. Wie zu erwarten, zeichnen sich die visuellen Werte durch eine erhebliche Streuung aus. Besser wird es, wenn man nur die V-Werte, die überwiegend mit CCD-Kameras gewonnen werden, extrahiert. Aber auch hier ist die Streuung vergleichsweise gross: Die Beobachter messen nun zwar und schätzen nicht nur, aber jeder mit einer unterschiedlichen Blendenöffnung, jeder mit einem anderen Aufnahme-Maßstab, nicht jeder beherrscht den Umgang mit Filtern, und so weiter. Viel besser wird es, wenn ein Beobachter mit dem selben Instrumentarium regelmäßig das Objekt beobachtet und misst: Das sieht man an den letzten Werten vom Winter 2005/2006 und den ersten Werten ab Herbst 2006. Diese Werte sind ermutigend, denn sie bedeuten, dass ein engagierter Beobachter mit einer digitalen Spiegelreflexkamera (man braucht nicht mehr unbedingt eine CCD-Kamera) den Stern heute besser verfolgen kann als die berühmten Beobachter des Zwanzigsten Jahrhunderts. Trotz der anfänglich noch großen Streuung der AAVSO-Werte sieht man, dass R Mon auch heute noch lange Schwingungen mit einer Periode von etwa 1100 bis 1200 Tagen durchführt.

R Mon, ASAS-Lichtkurve
Abb. 7) R Mon, ASAS-Lichtkurve. ASAS misst mit einer grossen Blende, deswegen decken sich ASAS- und AAVSO V-Werte nicht.

Den Lichtwechsel mit der von Lampland und Ashbrook gefundenen Periode von rund einem Jahr kann man auf der AAVSO-Lichtkurve aufgrund der großen Streuung nicht erkennen, wohl aber in der weit genaueren ASAS-Lichtkurve [13], obwohl ASAS (All Sky Automated Survey) mit einer vergleichsweise bescheidenen Optik arbeitet (mit handelsüblichen 2,8/200-Teleobjektiven). Der Erfolg von Grzegorz Pojmanski [14] und seinem Projekt ASAS ist begründet in der Normierung und Standardisierung der Aufnahmeprozedur - und dann muss ein Projekt nur noch lange genug laufen. Damit hat ASAS schon jetzt die ganze Veränderlichenbeobachtung revolutioniert und auf eine neue Datenbasis gestellt, und nicht zuletzt profitiert auch R Mon von dem schnell anwachsenden Material.

Literatur

[1] Stoyan, R.C.: NGC 2261, Interstellarum 32, 22 (2004)
[2] Animationen aus Amateuraufnahmen findet man häufig über eine Bildsuche im Internet. Beispiel: http://www.astrode.de/NGC2261.HTM
[3] Lampland, C.O.: The variable nebula N.G.C. 2261, Popular Astronomy, Vol. 34, 621 (1926)
[4] Hubble, E.P.: The variable nebula N.G.C. 2261, Ap. J., 44, 190-197 (1916)
[5] Hubble, E.P.: Recent changes in the variable nebula NGC 2261, Ap. J., 45, 351-353 (1917)
[6] Weigelt, G. et al., Diffraction-limited bispectrum speckle interferometry of the Herbig Be star R Mon, A&A, 392, 937 (2002)
[7] Hassforther, B.: T Tauri, Interstellarum 48, 19 (2006)
[8] Walsh, J.R., Malin, D.F.: Faint structures in the NGC2261-HH39 Region, MNRAS, 217, 31 (1985)
[9] Schmidt, J.: AN 55, 91, 1861
[10] Lampland, C.O.: Hubble's variable nebula in Monoceros, N.G.C. 2261, Popular Astronomy, Vol. 26, p.249 (1918)
[11] Lampland, C.O., Ashbrook, J.: The Nebular Variable R Monocerotis, A.J., 54, 91 (1949)
[12] AAVSO-Lichtkurven-Generator: http://www.aavso.org/data/lcg
[13] ASAS Katalogabfrage über: http://www.astrouw.edu.pl/~gp/asas//asas3_catalog.html
[14] zur Porträtaufnahme des fotoscheuen Pojmanski (Abb. 3): "This is probably the only picture of myself ...", private eMail, 24.03.2004

Anhang:

Die von Lampland und Ashbrook gewonnenen Werte findet man in der Textdatei mon-r.txt.


Home, what's new, Kunst, Pforr-Material, Literatur, Musik, Astronomie

Autor: Béla Hassforther. Letzte Änderung: 31.10.2006
Adresse dieser Seite: http://www.bela1996.de/astronomy/mon-r.html