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Goldilocks Veränderlicher in M27

Ein erstaunlich hoher Anteil der Sterne ist mehr oder weniger deutlich veränderlich, als Faustregel kann man von etwa einem Prozent ausgehen. Der Schluss liegt also nahe, dass sich auf einer typischen Amateur-CCD-Aufnahme eines beliebigen Objekts (Galaxie, Nebel) bekannte oder unbekannte Sterne finden lassen - man muß nur wissen wo, öfter hinschauen, oder irgendeinen Anlaß haben, einige Aufnahmen genauer anzuschauen. Dass sich dann sogar auf Aufnahmen der bekanntesten Objekte neue Funde machen lassen ist eine Erfahrung, die dem tschechischen Amateur Leos Ondra eine der aufregendsten Zeiten seines Lebens beschert hat - seiner eigenen Aussage nach.

Veränderlicher in M027

Goldilocks Veränderlicher in M27 nach Aufnahmen der dänischen Amateure Torben Taustrup und Flemming Ovesen.
Linke Aufnahme: 16.05.1999, rechte Aufnahme 04.08.1999.
Instrument: 8"-Newton bei f=240 cm, Cookbook Camera bei 252x242.

Leos Ondra war eigentlich zunächst von der Tatsache fasziniert, dass viele Zentralsterne von Planetarischen Nebeln Doppelsterne sind. Um den Fall beim bekannten Planetarischen Nebel M27 zu überprüfen, fertigte er sich anhand eines Titelbildes eines amerikanischen Magazins zunächst eine Umgebungskarte an. Sicherheitshalber überprüfte er diese Karte anhand einer anderen Aufnahme, stieß dabei aber auf einen Stern, der nur auf einer der beiden Aufnahmen zu sehen war. Ein Fehler? Eine Nova? Ein Veränderlicher Stern? Nun, zum Glück ist es bei einem so häufig abgebildeten Objekt ein leichtes, weitere Aufnahmen zu finden und so dauerte es auch nicht lange, bis der elektrisierte und aufgeregte Ondra nach einigem Blättern in Magazinen und Büchern genug Abbildungen zusammenhatte, um von der Veränderlichkeit des Sterns überzeugt zu sein. Als Namen, unter dem der Stern seitdem sogar auch im Internet an einigen Stellen zu finden ist, hat er sich "Goldilocks' Variable" ausgedacht.

Allerdings war Anfang der neunziger Jahre für Amateure vieles etwas schwieriger als heute: der notwendige Verifikationsprozess anhand von Sternkatalogen (ist es WIRKLICH ein unbekannter Veränderlicher) und die Entdeckungsmeldung zogen sich daher über einige Monate hin. Aber am 17.05.1991 war es dann soweit: im offiziellen Organ für Nachrichten aus der Welt der Veränderlichen, im "Information Bulletin on Variable Stars", konnte Ondra stolz seine eigene Entdeckungsmeldung lesen.

Ein Schritt fehlte aber noch, und er fehlt noch heute: um es zur Aufnahme in den "General Catalogue of Variable Stars" und damit zu einer endgültigen Benennung zu bringen muß man etwas mehr an Vorleistungen erbringen als noch vor einigen Jahrzehnten. Es reicht nicht, auf die Veränderlichkeit eines Sterns hinzuweisen, man sollte auch den Lichtwechsel typisieren können und Periode und Amplitude bestimmt haben. Es war zwar anhand der Farbe und einigen datierten Aufnahmen schnell klar, dass es sich um einen Mirastern handeln muß, also um einen langperiodischen Roten Riesenstern, aber an den genauen Elementen hapert es noch heute.

Zur Lösung dieses offenen Falls kann nun jeder beitragen, der in der Lage ist, M27 in vergleichbarer Qualität wie die Ergebnisse in der Rubrik "Einsteigeraktion" im Aprilheft 2002 von Interstellarum abzubilden.

Was ist 2002 vom Stern an Lichtwechsel zu erwarten? Ich habe seit fast zehn Jahren jede datierte Aufnahme von M27 aus Büchern, Zeitschriften und aus dem Internet gesammelt und versucht, die Helligkeit des Sterns grob abzuschätzen. Die ersten datierten Aufnahmen sind dabei schon einige Jahrzehnte alt, was zu einem schönen langen Zeitstrahl führt. Demnach beträgt die Periode fast genau sieben Monate (genauer: 213 Tage). Der amerikanische Astronom Arne Henden ist nach dreijährigen regelmäßigen Messungen des Sterns zum gleichen Ergebnis gekommen, betrachtet seinen Wert aber noch als vorläufig. Hier also die Einladung an Interstellarum-Leser, den diesjährigen Lichtwechsel zu verfolgen und vielleicht auch im eigenen Archiv nach älteren Aufnahmen zu suchen. Geeignet sind CCD-Aufnahmen, die im Visuellen oder im roten Bereich etwa die 14. Größenklasse erreichen. Ungefilterte Aufnahmen sind weniger geeignet, da der Stern im Infraroten (wo die meisten CCD-Kameras ihr Empfindlichkeitsmaximum haben) sehr hell ist und es immer so aussieht, als sei er gerade im Maximum. Ideal sind die Grün-Auszüge von Farbaufnahmen. Zusendungen von Interstellarum-Lesern sind mir willkommen, vielleicht kann Ende des Jahres dann ein erfolgreich durchbeobachtetes Maximum gezeigt werden und die Periode von 213 Tagen bestätigt werden. Zu erwarten wäre das Maximum Mitte Juli 2002, bis zum Herbst sollte der Stern dann nahezu unbeobachtbar werden, und dann Mitte Februar 2003 wieder ein Maximum haben.

Wer sich allgemein für das Thema "Veränderliche" interessiert, der möchte sich bitte an die BAV wenden, leicht zu erreichen über die Homepage (http://thola.de/bav.html) oder über die Adresse "BAV, Munsterdamm 90, D-12169 Berlin".

Detail
Feld um den Veränderlichen, aus einem UVR-Komposit
des "Telescopio Nazionale Galileo"


Sequenz:

Von Arne Henden (USNO) gibt es eine sehr genaue Sequenz um M27. Einige Sterne daraus habe ich in einer Kompositaufnahme (Aufnahmen vom 28.7.2002, 16.08.2002, 09.09.2002 und 12.09.2002) von Frank Schneider markiert.

M027-Sequenz

Stern B V R I
C 17.033 15.095 13.986 13.020
D 16.389 15.368 14.753 14.202
E 16.857 14.984 13.935 13.041
F 15.956 15.132 14.613 14.125
J 16.626 15.096 14.207 13.415
K 14.314 13.622 13.211 12.857


Die Aufnahmen von Herrn Schneider zeigen gut den vorhergesagten Helligkeitsabfall von Goldilocks Veränderlichen im Sommer 2002:
Datum visuelle Helligkeit
2002-07-28 15.4
2002-08-16 15.9
2002-09-09/12 17.5 (+/-0.5)
2002-09-29/30 17.5 (+/-0.5)


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Autor: Béla Hassforther. Letzte Änderung: 06.10.2002
Adresse dieser Seite: http://www.bela1996.de/astronomy/m027-goldilock.html