Aus der Sektion "Halb- und Unregelmäßige", 1-2003

Visuelle Beobachtungen von HP Lyrae

Im BAV Rundbrief 4(2002) habe ich für Januar die ersten visuellen Ergebnisse von Eckhard Born angekündigt, der noch im Mai auf meine Bitte hin den Stern in sein Beobachtungsprogramm aufgenommen hat. Die resultierende Lichtkurve ist phänomenal und zeigt einmal mehr, was ein erfahrener und sorgfältiger visueller Beobachter zu leisten imstande ist.

HP-Lyr-Lichtkurve von Eckhard Born

HP Lyrae - Lichtkurve aus 61 visuellen Beobachtungen von Eckhard Born

Der Lichtwechsel ist deutlich erfasst, obwohl die Amplitude im Beobachtungszeitraum nur 0,3 mag beträgt. Hier Herrn Borns Einschätzung: "Klarer Fall, kein Beta-Lyrae-Typ, RV-Tau-Art oder SR bleibt noch (kurze Zeit vermutlich) offen." Der Einschätzung möchte ich mich anschließen, ein "richtiger" RV-Tau-Lichtwechsel ist das nicht, und der Fall bleibt weiterhin offen. Mit Herrn Borns Beobachtungen ist automatisch auch die Sequenz als geprüft zu betrachten, die ich anhand des Tycho-2-Kataloges erstellt habe. Ziel war es dabei, nur Vergleichssterne aufzunehmen, deren Farben der von HP Lyr entsprechen: ein nahe bei HP Lyr stehender roter Stern bietet sich auf den ersten Blick als Vergleichsstern an, ist aber vollkommen ungeeignet und hat in den Beobachtungen von Herrn Ralf Meyer zu einem erhöhten "Rauschen" geführt. Die HP-Lyr-Karte wird also über die BAV-Sektion "Karten" zukünftig verfügbar sein.

Es gibt Parallelbeobachtungen von Frank Vohla, die ein Maximum bei etwa JD2452400 erkennen lassen (der Abstieg von diesem Maximum ist auch bei der Lichtkurve von Herrn Born deutlich), im weiteren Verlauf können aber nur mit etwas Phantasie Übereinstimmungen zwischen den beiden Kurven gefunden werden.

HP-Lyr-Lichtkurve von Frank Vohla

HP Lyrae - Lichtkurve aus 34 visuellen Beobachtungen von Frank Vohla

Medienrummel um Rho Cas

Es gibt wenig neues zu Rho Cas zu melden, allerdings war der Stern bei der diesjährigen Tagung der AAS (American Astronomical Society) bei wie immer hoher Medienpräsenz geschickt plaziert und hat den Sprung in die populären Medien geschafft. Indiz dafür ist immer auch, dass Webseiten zum Thema schlagartig häufiger aufgerufen werden, so zuletzt bei der "Millionenfrage" "Bedeckungsveränderliche". Auch bei Rho Cas nahmen die Zugriffe auf meine Webseiten, auf denen der Stern vorgestellt wird, innerhalb von Stunden nach der Pressekonferenz am 07.01.03 massiv zu. Dennoch: es gibt nichts neues zu melden. Der Ausbruch vom Spätsommer 2000, der zu einem Helligkeitsminimum führte, ist vorbei, allerdings ist die Aktivität des Sterns laut den Autoren des bei der AAS-Tagung vorgestellten Berichts immer noch erhöht (auf dem Tagungsposter heißt es gar: "New outburst underway!"), so dass vielleicht(!) ein weiterer Ausbruch bald folgen könnte. Und vielleicht wird Rho Cas bald zu einer Supernova (im Kleingedruckten: "bald" bedeutet in der Astronomie durchaus mal 50000 Jahre). Aktuell (24.01.03) steht der Stern bei V=4,28 (gemessen mit Starlight-SX und Astronomik-Grünfilter). Hier eine Lichtkurve aus 10-Tages-Mitteln mit Werten aus der AFOEV-Datenbank:

Rho-Cas-Lichtkurve aus 10-Tages-Mitteln der AFOEV-Datenbank

Rho Cas - Lichtkurve aus 10-Tages-Mitteln (AFOEV-Datenbank)

Der angesprochene Aufsatz von A.Lobel et al ("High-Resolution Spectroscopy of the Yellow Hypergiant Rho Cassiopeiae from 1993 Through the Outburst of 2000-2001") ist unabhängig vom Medienrummel wertvoll zu lesen, denn er verbindet die Abschätzung des Massenverlustes bei einem Ausbruch (ca 3x10-2 Sonnenmassen - ein enormer Wert!) und die beobachtete Frequenz (im Schnitt ein Ausbruch alle fünfzig Jahre) mit Modellen zur Entwicklung massereicher Sterne und dem dabei zu erwarteten Massenverlust auf dem Weg vom Gebiet der Roten Überriesen hin zu den heißen Sternen, die dann als LBVs (Luminous Blue Variables) mögliche Vorläufer der Supernovae sind. Dabei wird ein Gebiet des HRD-Diagramms (die "yellow void") von den Sternen scheinbar gemieden, was sich nach den Autoren zwanglos mit der Instabilität der oberen Sternschichten in dieser Entwicklungsphase erklären läßt. Dass die Instabilität der sehr seltenen und extrem leuchtstarken Sterne bei ihrem "Bouncing Against the Yellow Hypergiant Void" (wie es so schön heißt) auch für andere Überraschungen gut sein kann, merken die Autoren mit ihrem Hinweis auf die vergleichbaren Massenverlustrate beim Ausbruch von Eta-Car an. Der Aufsatz wird im Ap.J. erscheinen, ist aber schon als Preprint online verfügbar. Für den kurzen Überblick reicht auch das Press release mit dem martialischen Titel: "The Throes of a Hypergiant Star Facing Death: Rho Cassiopeiae's Monster Atmosphere Explodes".

Der Halbregelmäßige V529 Herculis

Dieter Süßmann hat ein sehr umfangreiches Halbregelmäßigen-Programm, worunter sich auch viele Sterne befinden, für die keine Parallelbeobachtungen vorliegen. Solange sich aber ein Beobachter sehr intensiv um einen Stern kümmert, ist das kein Problem. In den nächsten Rundbriefen werde ich immer mal wieder auf Herrn Süßmanns Beobachtungen zurückkommen, hier zunächst seine Schätzungen zu V529 Her. Es handelt sich um Werte, die aus der AFOEV-Datenbank selektiert sind, ergänzt um die aktuellsten Werte aus den Beobachtungsfiles der BAV-Homepage (die noch nicht in der AFOEV-Datenbank zu finden sind). Nach eher sporadischen Beobachtungen ab Ende 1995 hat Herr Süßmann im Februar 2000 mit einer dichten Verfolgung dieses Sterns begonnen. Seither sind 81 Werte zusammengekommen, ausreichend für eine erste Vorstellung des Sterns. Hier zunächst die Lichtkurve:

V529-Her-Lichtkurve aus 81 visuellen Beobachtungen von Dieter Süßmann

V529 Her - Lichtkurve aus 81 visuellen Beobachtungen von Dieter Süßmann

Die aktuellsten Angaben des GCVS (online 25.01.03) bezeichnen V529 Her einfach als SR ohne weitere Differenzierung mit einer Periode von ca 400 Tagen (T.G.Nikulina, Tadj. Byull. N35, 45, 1963) bzw 120 Tagen (R.Weber, BSAM N2, 1964). Der Spektraltyp ist mit M7 bis M10 sehr spät. Eine weitere Bearbeitung hat der Lichtwechsel des Sterns offenbar nicht mehr erfahren (und auch andere Literatur ist nur spärlich vorhanden). In den von Herrn Süßmann abgedeckten drei Jahren findet man einen typischen Halbregelmäßigen-Lichtwechsel mit veränderlicher Amplitude und veränderlicher Zyklenlänge, die von 100 Tagen bis 400 Tagen gehen kann. Mehrere überlagerte Perioden sind sehr wahrscheinlich. Genaueres wird man allerdings erst nach einigen zusätzlichen Jahren sagen können - für ein Periodensuchprogramm ist es noch zu früh. Die Amplitude ist mit maximal 0,8 mag nicht üppig und verlangt erfahrene Beobachter. Von Vorteil ist aber, dass V529 Her praktisch ganzjährig zu beobachten ist.

Stardial

Das Herunterladen der Daten für 2002 ist abgeschlossen. Wie schon die Bilddateien der Jahre 1996 bis 2001 werden auch diese Dateien auf CD gebrannt und an die Sternwarte Sonneberg und an die BAV-Zentrale gehen. Es sei angemerkt, dass seit dem Festplattencrash die Dateien auf dem Stardial-Surver erst ab 1998 leicht zugänglich sind: für den Zeitraum davor muß man sie sich mühsam einzeln zusammensuchen. Wer also für ein Feld den Gesamtzeitraum abdecken will, sollte sich die nunmehr sechs CDs ausleihen, denn auf diesen ist die Sortierung korrigiert.


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Gestaltet von Béla Hassforther. Letzte Änderung: 04.02.2003
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