Aus der Sektion "Halb- und Unregelmäßige", 4-1999

Neues von den alten Programmsternen

TV And: Dieser Stern gehört zum BAV-Programm der ersten Stunde, dennoch ist die Anzahl der vorhandenen Lichtkurvenblätter eher gering. Nun hat aber Eckard Born ein schönes Blatt eingesandt, welches vielleicht auch anderen Beobachtern Appetit macht, sich intensiver mit diesem Stern zu beschäftigen. TV And hat laut dem GCVS eine mittlere Periode von 113,8 Tagen im Bereich von 8,3 bis 11,5 visuell. Das sind natürlich Extremwerte, die TV And selten erreicht, im vorliegenden Zeitraum bewegt sich TV And aber immerhin zwischen den Extremen 9,4 und 11,2.

Lichtkurve von TV And

Abb. 1) Lichtwechsel von TV And aus 104 Einzelschätzungen von Eckard Born

Eine Periodensuche über das Material liefert 117 Tage als wahrscheinlichsten Wert. Die Beobachtungen bestätigen also im Rahmen der Freiheiten, die man einem "Halbregelmäßigen" zugestehen muß, die Angaben des GCVS. Eine Neigung zu Doppelmaxima ist angedeutet, und zwar umso deutlicher, je geringer die Amplitude ist. Da die Amplitude großen Schwankungen zu unterliegen scheint, könnte eine zweite, überlagerte Periode wirksam sein. Das wird sich aber erst klären lassen, wenn der Lichtwechsel über einen längeren Zeitraum in dieser Intensität und Qualität verfolgt wird.

RU Cyg: auch ein "Gründungsmitglied" bei den Programmsternen. Frank Vohla gehört zu den BAV-Beobachtern mit der größten Ausdauer und der höchsten Schätzfrequenz, seine Lichtkurven sind daher besonders gut für Langzeitstudien geeignet. RU Cyg wird von ihm zwar seit 1985 beobachtet, wegen einer Beobachtungslücke setzt die folgende Abbildung aber erst im Jahr 1988 ein. Die Werte für die Abbildungen sind aus der AFOEV-Datenbank extrahiert.

RU Cyg 1988 bis 1999

Abb. 2) RU Cyg nach Beobachtungen von Frank Vohla, 1988 bis 1999

Ganz deutlich sind verschiedene Phasen des Lichtwechsels zu erkennen: zu Anfang der Beobachtungen ein recht regelmäßiger Lichtwechsel mit vergleichsweise großer Amplitude (vgl. Abb. 3), darauf folgend eine Phase mit geringer Amplitude. Seit einigen Jahren wird die Amplitude wieder größer, aber nur jedes zweite Maximum ist deutlich sichtbar (Abb. 4). Parallelbeobachtungen von Eckard Born liegen ab 2450500 vor und zeigen das niedrige Maximum bei 2450840 zweifelsfrei. Zur Klärung der Frage, ob die mittlere Helligkeit tatsächlich wie angedeutet langfristigen Schwankungen zu unterliegen scheint, bedarf es noch einiger Jahre an Schätzungen.

RU Cyg mit grosser Amplitude

Abb. 3) RU Cyg in einer Phase mit großer Amplitude, Beobachter: Frank Vohla

RU Cyg mit kleiner Amplitude

Abb. 4) RU Cyg in einer Phase mit geringer Amplitude, Beobachter: Frank Vohla

Mein Periodensuchprogramm liefert einen sehr ausgeprägten Peak bei 236 Tagen, der GCVS gibt 233,43 Tage an - ein Halbregelmäßiger also, der trotz aller Unruhe seine Periode beibehält.

Projekt RV-Tauri-Sterne

SZ Mon: Gerd-Uwe Flechsig, ein neues BAV-Mitglied, hat die Fleißarbeit auf sich genommen, SZ Mon auf bisher 137 Stardial-Aufnahmen zu schätzen.

SZ Mon

Abb. 5) SZ Mon: mit P = 32,7012 d reduzierte Stufenschätzungen von Herrn Flechsig

Die reduzierten Stufenschätzungen aus drei Wintern ergeben eine sehr interessante Lichtkurve: obwohl SZ Mon inzwischen meist als Typ-2-Cepheide mit einer Periode von rund 16,35 Tagen betrachtet wird, scheint eine Reduktion mit dem doppelten Wert die bessere Darstellung der Beobachtungen zu erbringen und SZ Mon als RV-Tau-Stern zu bestätigen. Dieses Ergebnis ist jedoch nur eine erste Vorschau: am Ende der laufenden Beobachtungssaison wird Herr Flechsig seine Auswertungen in einer eigenen Arbeit vorstellen - man darf gespannt sein.

SS Gem: für die letzte Beobachtungssaison liegen Lichtkurvenblätter von vier Beobachtern vor (Stand: Ende Oktober 1999), an denen schön gezeigt werden kann, daß man bei RV-Tau-Sternen nicht umhin kommt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu schätzen: im typischen Zeitraum einer Periode von 60 bis 90 Tagen ballen sich immerhin zwei Maxima und zwei Minima - da reicht eine Beobachtung pro Woche nicht aus.

Lichtkurven von SS Gem

Abb.6) Lichtkurve von SS Gem, Beobachter: Born, Vohla, Holbe und Neumann

Eckard Born und Frank Vohla schätzen so oft es geht und erhalten dicht besetzte Reihen über den gesamten Zeitraum, die den Charakter des Lichtwechsels gut erfassen. Dagegen gehen bei der dünn besetzten vierten Lichtkurve die Eigentümlichkeiten eines RV-Tau-Sterns doch deutlich verloren, wenn auch die Hauptminima noch sicher nachzuweisen sind. Die dritte Lichtkurve ist zwar dicht besetzt, enthält aber zwei längere Beobachtungslücken. Das versetzte Nebenminimum (bei ca 2451194) der ersten Kurve wird von den anderen Reihen nicht bestätigt: suggeriert die erste Kurve mit ihrem schönen glatten Verlauf eine Genauigkeit, die nicht gegeben ist? Haben die anderen Beobachter nicht genau genug hingeschaut? Fragen, mit denen man bei visuellen Lichtkurven immer leben muß. Zum Glück handelt es sich hier "nur" um das Nebenminimum: mit einer Amplitude von etwas weniger als 0,5 mag ist man hier offensichtlich im Grenzbereich der Möglichkeiten visueller Schätzungen. Das Hauptminimum mit seiner Amplitude von etwa einer Größenklasse wird dagegen von allen Beobachtern erfaßt.

SS Gem wird häufig beobachtet, es liegt auch aus früheren Jahren Material vor. Aus einer Zusammenstellung der einer Epoche zuweisbaren Hauptminima von BAV-Beobachtern lassen sich folgende Elemente bestimmen:

Hauptminimum = 2448572,19 + 89,29 x E

E B R
B-R

Beobachter
0

48573
48572
1

Möller
1

48661
48661
0

Möller
4

48930
48929
1

Möller
5

49018
49019
-1

Möller
9

49376
49376
0

Möller
13

49733
49733
0

Möller, Neumann
14

49819
49822
-3

Möller, Krisch
16

49996
50001
-5

Born
17

50092
50090
2

Born
18

50182
50179
3

Born
21

50449
50447
2

Born
22

50540
50537
3

Born, Vohla, Krisch, Dahm
25

50804
50804
0

Born, Vohla, Krisch
26

50895
50894
1

Born, Vohla, Krisch, Holbe, Neumann
29

51159
51162
-3

Born, Vohla, Holbe, Neumann
30

51250
51251
-1

Born, Vohla, Holbe, Neumann

Die ermittelte Periode ist praktisch identisch mit der im GCVS angegebenen Periode von 89,31 Tagen, auch die Abweichungen der beobachteten Hauptminima von den errechneten Minimazeitpunkten sind sehr gering. Ganz offensichtlich ist SS Gem ein sehr regelmäßiger Vertreter der RV-Tau-Sterne. Die Epoche 0 der BAV-Beobachter entspricht der Epoche 159 der GCVS-Elemente (Min= 2434365 + 89.31 x E). Die Epoche 159 der GCVS-Elemente liegt bei 2448565, die BAV-Ausgangsepoche hat also ein B-R von nur 7 Tagen gegen die Ausgangsepoche des GCVS.

Sonstiges

Vorschau: Für die nächsten beiden Rundbriefe plane ich, in ähnlich knapper Form den Lichtwechsel von V Boo, V Vul, R Sct, R Sge und RX Boo vorzustellen. Wer für diese Sterne noch unausgewertetes Material der letzten Jahre vorhält, möchte bitte die Einzelschätzungen und / oder die Lichtkurvenblätter bald bearbeiten und einsenden.

Quellen: Die Einzelschätzungen von Frank Vohla, Alfred Holbe und Jörg Neumann sind der Datenbank der AFOEV entnommen und in Stichproben anhand der vorliegenden Formulare kontrolliert worden. Die Einzelschätzungen von Eckard Born wurden aus den Lichtkurvenblättern abgelesen.


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Gestaltet von Béla Hassforther. Letzte Änderung: 06.12.2001
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